Was Frauen bei Eheverträgen wirklich beachten sollten

von | 28. Jun. 2023 | Ehevertrag | 0 Kommentare

Frauen wollen heute in einer gleichberechtigten Ehe und Partnerschaft leben und ihre Kinder gemeinsam mit ihren Partner*innen paritätisch erziehen. Sie sind gut ausgebildet und wollen genau wie Männer beruflich Karriere machen. So der Plan und trotzdem kommt es rein statistisch gesehen in den meisten Ehen anders. Spätestens mit Geburt des ersten Kindes übernehmen Frauen auch heute noch mehr Care-Arbeit und reduzieren ihre Erwerbsarbeit.

Der Blogartikel erklärt, wie Frauen, die hauptsächlich Care-Arbeit leisten, durch eine individuelle ehevertragliche Regelung ihre finanzielle Unabhängigkeit erhalten können.

gleichberechtigter Ehevertrag - Ehevertrag für Frauen

Grundsatz der Vertragsfreiheit für familienrechtliche Regelungen

Das Familienrecht im BGB legt keinen bestimmten Ehetyp fest und hat auch kein Idealbild. Die Ehepaare sollen frei entscheiden, wie sie als Ehepaar leben wollen und können ihre Eheregeln selbst vertraglich festlegen. Nur in ganz wenigen Bereichen wird die Vertragsfreiheit durch den Gesetzgeber oder die Rechtsprechung eingeschränkt (z.B. kein Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt, kein Verzicht auf künftigen Kindesunterhalt, keine sittenwidrigen Regelungen).

Ehevertragliche Regelungen für das Zusammenleben

In Eheverträgen kann man nicht nur Regelungen für den Fall der Scheidung treffen, sondern auch die finanziellen Rahmenbedingungen für das Zusammenleben in der Ehe festlegen. Nach dem Gesetz ist Care-Arbeit und Erwerbsarbeit gleichwertig. Die Ehepartner sind verpflichtet, gegenseitig füreinander zu sorgen. In § 1360 BGB heißt es wörtlich „Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts.“ Der Gesetzgeber geht also ausdrücklich davon aus, dass jeder Ehepartner seine Arbeit entweder in Form von Care-Arbeit, in Form von Erwerbsarbeit oder in einer Mischform aus beidem erbringen kann. Wenn Erwerbsarbeit und Care-Arbeit also gleichwertig sind, allerdings nicht gleich bezahlt sind, ist es erforderlich, dass die Ehegatten untereinander einen finanziellen monatlichen Ausgleich (sog. finanzieller Care-Ausgleich) zahlen, damit jeder Ehepartner nicht nur gleich viel Arbeit geleistet hat, sondern auch über gleich viel Geld verfügen kann. Gleiche finanzielle Möglichkeiten in Form von eigenem Geld auf eigenem Konto sind essenzielle Voraussetzungen für eine gleichberechtigte Partnerschaft auf Augenhöhe und finanzielle Unabhängigkeit.

Konkretisierung gesetzlicher Regelungen durch Ehevertrag

Nur wenn die Ehepartner*innen keine andere eigene Regelung getroffen haben, gilt das Gesetz. Insbesondere für den Fall der Trennung und Scheidung sind gesetzliche Regelungen normiert, die man wiederum durch Ehevertrag konkretisieren kann. Von dieser Möglichkeit der Konkretisierung sollte man unbedingt Gebrauch machen, gerade wenn man die gesetzlichen Grundsätze für sich als passend ansieht.

1. Zugewinnausgleich

Rein nach Gesetz muss derjenige, dessen Vermögen während der Ehe stärker gewachsen ist, bei einer Scheidung einen Ausgleich in Geld zahlen (Zugewinnausgleich). Dies ist in den meisten Fällen für beide Partner gerecht. Entweder beruht der Vermögenszuwachs auf Arbeitsleistung, die investiert werden konnte, weil der andere Familienaufgaben übernimmt. Oder er ist rein zufällig. In beiden Fällen ist nicht ersichtlich, weshalb der Vermögenszuwachs einem der Ehepartner mehr zustehen sollte als dem anderen. Manchmal ist der Vermögenszuwachs allerdings nur schwer zu liquidieren, da der Vermögenswert in einer Immobilie oder in einem Unternehmen gebunden ist. Um dem Auszahlungspflichtigen die Erfüllung zu erleichtern, kann man ggf. schon im Ehevertrag eine Ratenzahlung oder Stundung über einen längeren Zeitraum vereinbaren. Wenn insgesamt mehr Vermögen vorhanden ist, können z.B. andere Vermögensgegenstände als Ausgleich übertragen werden, ggf. schon in der Ehe. Bei großen Vermögen ist die Vermögensumschichtung in der Ehe sogar steuerlich günstig (Güterstandschaukel).

2. Versorgungsausgleich

Die Rentenanwartschaften werden geteilt und die Hälfte an den jeweils anderen übertragen. Wenn beide Partner*innen ihre Altersvorsorge über Rentenanwartschaften finanzieren, ist dies regelmäßig eine gerechte Regelung. Wenn über eine längere Zeit allerdings wirklich nur einer einzahlte, ist die Hälfte der eingezahlten Anwartschaften fast immer zu wenig für beide Ehepartner* innen. Hier solltet unbedingt eine zusätzliche Altersvorsorge aufgebaut werden.

Manchmal gibt es jedoch gute Gründe, den Versorgungsausgleich auszuschließen, z.B., weil der andere Ehepartner seine Altersvorsorge nicht über Rentenanwartschaften, sondern über Vermögen aufbaut. In solchen Fällen sollte bei einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs darauf geachtet werden, dass der andere Ehegatte einen gleichwertigen anderen Betrag für sich behält. Dies könnte z.B. der Ausschluss einer Wertpapieranlage oder Immobilie aus dem Zugewinn zugunsten des anderen Ehepartners sein o.ä. Eine gerechte Regelung lässt sich in solchen Fällen über eine modifizierte Zugewinngemeinschaft regeln.

3. Unterhalt

a) Trennungsunterhalt

Trennungsunterhalt ist ohne weitere Voraussetzung bis zur Rechtskraft der Scheidung zu zahlen, wenn sich rechnerisch ein Anspruch ergibt. Weitere Informationen zu Trennungsunterhalt gibt es im Blogbeitrag „Teilzeitfalle und Trennungsjahr“.

b) Nachehelicher Unterhalt, Aufstockungsunterhalt

Nachehelicher Unterhalt wird nur unter weiteren Voraussetzungen gezahlt. Es muss bei Scheidung einen besonderen Grund geben, weshalb ein Ehegatte nicht vollschichtig erwerbsarbeiten kann. Gründe sind Kinderbetreuung, Alter, Krankheit, nachgeholte Ausbildung und nicht abwendbare Arbeitslosigkeit, wobei die Voraussetzungen für den letzten Grund kaum jemals vorliegen. Aber selbst wenn ein (Ex-)Ehepartner vollschichtig arbeitet, damit jedoch weniger als die Hälfte des Gesamteinkommens während der Ehe erwirtschaftet, besteht für eine Übergangszeit ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt bis zur Hälfte des Gesamteinkommens. Es ist sinnvoll, sich in einem Ehevertrag darüber zu einigen, wie lange die Übergangszeit für den Aufstockungsunterhalt nach den ehelichen Verhältnissen sein soll. Besser als eine starre Zeitspanne ist eine Vereinbarung in Bezug auf die Ehezeit. Es ist also besser eine Vereinbarung über die Hälfte der Ehezeit als über pauschal z.B. 5 Jahre zu treffen.

c) Unterhalt wegen ehebedingten Nachteilen (Karriereknick, Teilzeitfalle)

Nach Ablauf dieser Übergangszeit kann weiterhin ein Anspruch auf Unterhalt als Ausgleich für ehebedingte Nachteile (Karriereknick, Teilzeitfalle) bestehen. In einem Ehevertrag kann man z.B. festlegen, welche beruflichen Zugeständnisse ein Ehepartner für die Ehe bzw. speziell für die Betreuung der gemeinsamen Kinder gemacht hat und welche Karriere ohne diese Aufgabenteilung in der Ehe realistisch gewesen wäre. So lässt sich der ehebedingte Nachteil wesentlich leichter berechnen.

Eine Alternative zum Ausgleich der ehebedingten Nachteile über eine länger Unterhaltszahlung kann der Verzicht gegen Abfindungszahlung oder die Herausnahme einer Immobilie aus dem Zugewinn sein. Für die mögliche Abfindungszahlung sollten in der Ehe bereits Rücklagen gebildet werden. Kreative Möglichkeiten für einen Ausgleich gibt es viele. Wichtig ist nur, dass Mütter nicht kompensationslos auf ihren gesetzlichen Anspruch auf Ausgleich von Karrierenachteilen aufgrund von Care-Arbeit verzichten.

d) Unterhaltsrechtliche Erwerbsobliegenheit

Bei der Berechnung des Unterhalts wird nicht nur das tatsächliche Einkommen berücksichtigt, sondern auch das Einkommen, das man haben könnte, wenn man seine Arbeitsleistung in Vollzeit einbringen würde. Auch hierbei gilt, dass Care-Arbeit und Erwerbsarbeit gleichwertig sind. Bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes wird ohne weitere Begründung angenommen, dass der betreuende Elternteil keinerlei Erwerbsarbeit erbringen kann. Tut er/sie dies dennoch, ist diese Arbeitsleistung überobligatorisch, da mehr als Vollzeit. Das hieraus erwirtschaftete Erwerbseinkommen wird nicht oder nur teilweise in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Ab dem dritten Lebensjahr kommt es nach Gesetz auf die individuellen Umstände an. Die Gerichte bewerten, wie viel der betreuende Elternteil neben der Care-Arbeit noch Erwerbsarbeit erbringen muss. Das Ergebnis ist immer eine Bewertung des Einzelfalls und deshalb unsicher. Um Streit über den Aufwand der Care-Arbeit vorzubeugen und Planungssicherheit zu haben, empfiehlt es sich unbedingt schon vor Beantragung der Elternzeit festzulegen, in welchem Altern wie viel Arbeitszeit als Care-Arbeit und wie viel Arbeitszeit als Erwerbsarbeit zu leisten ist, ob und in welchem Umfang Fremdbetreuung geplant ist und wie die Kosten hierfür aufgeteilt werden. Sinnvoll ist z.B. ein individuelles Altersphasenmodell, weil hier die pädagogischen Vorstellungen der Eltern und individuellen Bedürfnisse der Kinder am besten abgebildet werden können. Mehr Informationen zum Altersphasenmodell gibt es hier.

e) Vorsorgeunterhalt

Neben dem Anspruch auf Unterhalt für die Lebenshaltung besteht ab Zustellung des Scheidungsantrags ein Anspruch auf Vorsorgeunterhalt.

Dies hat folgenden Hintergrund: Bis zur Zustellung des Scheidungsantrags werden die Rentenanwartschaften bis zu diesem Stichtag bei der Scheidung geteilt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist es also quasi egal, welcher Ehegatte wie viel in die Rente einzahlt, da später 50/50 geteilt wird. Dies ändert sich allerdings ab Zustellung des Scheidungsantrags. Dieser Zeitpunkt liegt meist mehrere Monate und manchmal mehrere Jahre vor dem eigentlichen Scheidungszeitpunkt. Ab diesem Zeitpunkt muss jeder selbst für seine Rente einzahlen.

Damit beide Ehegatt*innen weiterhin ausreichend für ihre Rente vorsorgen können, ist ab dem Stichtag für den Versorgungsausgleich (Zustellung Scheidungsantrag)Vorsorgeunterhalt zu zahlen. In einem Ehevertrag könnte man z.B. dessen Höhe bereits vereinbaren. Allein schon deshalb, damit diese Forderung im Scheidungsverfahren nicht überraschend kommt.

4. Sorge- und Umgangsrecht

Zum Sorge- und Umgangsrecht kann man im vorsorgenden Ehevertrag keine durchsetzbare Vereinbarung treffen, da solche Vereinbarungen von einem Familiengericht genehmigt werden müssen, bevor sie vollstreckbar sind. Hintergrund dieser Genehmigungspflicht ist der Kinderschutz. Dennoch ist es sinnvoll, das gelebte Familien- und Betreuungsmodell in einer Präambel festzuhalten, damit nachvollzogen werden kann, weshalb z.B. bestimmte Regelungen zur Erwerbsobliegenheit oder zum ehebedingten Nachteil getroffen wurden. Dies ist wichtig, wenn ein Gericht später bewerten soll, ob eine Regelung z.B. wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist oder der Berechtigte sich nicht mehr darauf berufen darf, weil sich das Lebensmodell seit Vertragsschluss geändert hat. Weitere Infos zur Sittenwidrigkeit von Eheverträgen und der sog. Ausübungskontrolle gibt es hier.

Nutzung der Ehewohnung

Nach der Trennung gibt es regelmäßig Streit darüber, wer in der Ehewohnung bzw. im Familienheim wohnen bleiben soll und welcher Wohnwert hierfür zu berücksichtigen ist. Die einschlägige Regelung zur Nutzung der Ehewohnung (§ 1361b BGB) nach der Trennung ist sehr offen formuliert. Eine individuelle Regelung, wer nach der Trennung mit den Kindern in der Wohnung bleiben darf und welchen Wert das Wohnen hat, ist dringend zu empfehlen. Der Wohnwert spiel z.B. eine große Rolle bei der Unterhaltsberechnung. Der Wohnwert zählt als Einkommen und wird in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Wenn für keinen der Eheleute ein Unterhaltsanspruch infrage kommt, ist der Wohnwert für eine Nutzungsentschädigung relevant. Das Unterhaltsrecht unterscheidet außerdem zwischen subjektivem und objektivem Wohnwert. Bis zur endgültigen Zerrüttung, also meist im ersten Trennungsjahr, wird nur der sogenannte subjektive Wohnwert berücksichtigt. Der subjektive Wohnwert ist der Betrag, für den eine angemessene kleinere Wohnung angemietet werden könnte. Danach ist der sog. objektive Wohnwert zu berücksichtigen. Das ist der Betrag, für den man die Familienimmobilie am Markt tatsächlich vermieten könnte.

Gemeinsames Immobilieneigentum

Getrennte Eheleute streiten sich häufig darüber, was mit der im gemeinsamen Eigentum stehenden Immobilie bei einer Trennung und Scheidung passieren soll. Deshalb sollte man sich schon beim gemeinsamen Kauf Gedanken darüber machen, wer die Immobilie zu welchem Preis bei einer Scheidung übernehmen soll und wie dieser Preis ermittelt wird. Bei der Preisermittlung sind viele Lösungen denkbar. Möglich ist z.B. den halben Kaufpreis, um den Kaufpreisindex bereinigt zu verlangen oder Auszahlungsbetrag am tatsächlichen Marktpreis zu bemessen, je nachdem wie die Wertsteigerung der Immobilie berücksichtigt werden soll. Frühzeitig überlegen sollte man sich außerdem, wer eine Übernahme wie finanziell stemmen könnte, wie lange der andere Ehegatte noch in der Haftung für das Darlehen bleiben soll und insbesondere, ob nicht der Verkauf die für beide beste Lösung wäre. Ist das Eigenheim nicht die einzige Immobilie oder gibt es weiteres erhebliches Vermögen, ist es oft sinnvoller, dass derjenige, der später im Familienheim bleiben soll, Alleineigentümer wird und der andere dafür andere Vermögenswerte übertragen bekommt bzw. erwirbt.

Wenn ich in Finanzforen für Frauen lese, macht es mich unsagbar traurig und wütend zugleich, wie Frauen von anderen Frauen dafür abgewertet werden, dass sie sich selbst um ihre Kinder kümmern und daneben nicht in Vollzeit oder zumindest so viel wie ihre Partner*innen erwerbsarbeiten. Wir müssen endlich anerkennen, dass die Sorge für andere wertvoll ist und deshalb etwas kosten darf. Das finanzielle Ungleichgewicht in Ehen ist ein Problem. Durch einen guten verstärkenden Ehevertrag kann das finanzielle Gleichgewicht allerdings leicht wieder hergestellt werden. Frauen haben jedes Recht, diese Forderung zu stellen.

Birte Strack

Rechtsanwältin

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